Der Helmestausee in Sachsen-Anhalt ist eine herausragende Rastregion

Magdeburg – Wer dieser Tage in den Himmel schaut, kann sie schon sehen und hören – die Kraniche. Mit lautem Rufen ziehen sie in einer großen Keilformation am Himmel entlang und versammeln sich an ihren Rastplätzen. Zuerst sind die Kraniche aus unserem Bundesland unterwegs, später kommen die Gäste aus dem Norden und Osten dazu. Der Höhepunkt des Kranichzugs ist hier traditionell der Oktober.

Der Kranichzug ist jedes Jahr im Herbst ein wahres Naturschauspiel. Auf ihrem Weg zu den Überwinterungsgebieten im Mittelmeerraum ziehen jährlich zehntausende Kraniche aus Polen, dem Baltikum und Skandinavien durch unser Bundesland. Doch Sachsen-Anhalt hat nicht nur als Transitland eine wichtige Bedeutung, weiß der NABU-Kranichexperte Axel Schonert: „Aufgrund des jahrzehntelangen intensiven Schutzes kann Sachsen-Anhalt mittlerweile auf ca. 950 Brutpaare blicken. Das sind mit Nachwuchs knapp 3.000 Tiere. ‚Unsere‘ Kraniche sammeln sich ab August an geeigneten Schlafplätzen und sind die ersten, die wir jetzt beobachten können.“

Die große Masse der Zugvögel stammt jedoch aus dem Norden und Osten. Eine genaue Gesamtzahl lässt sich nur schwer ermitteln, die Zugzeit ist ein Kommen und Gehen. „Je nach Witterung und Nahrungsangebot bleiben die Kraniche länger hier oder fliegen zügig weiter.“, erklärt Axel Schonert. „Wenn wir die Höchstzahlen aller anhaltischen Schlafplätze zusammenrechnen, so haben wir in der Spitze gleichzeitig etwa 60.000 Kraniche zu Gast. Das ist aber ein Höchstwert, der nur wenige Tage erreicht wird. Insgesamt ziehen etwa 150.000 Kraniche durch unser Land.“ Dabei sind traditionell etwa Mitte Oktober die größten Zahlen zu erleben. Durch die zunehmend milden Winter entzerrt sich der Kranichzug zeitlich, sodass auch im November und Dezember Kranichtrupps bei uns durchziehen.

Deutschland und auch Sachsen-Anhalt nehmen bei dem Kranichzug eine besondere Rolle ein. Für die gesamte europäische Kranichpopulation ist Deutschland das wichtigste Transitland, mit vier herausragenden Rastregionen, in denen sich gleichzeitig zehntausende Kraniche aufhalten. Das sind die Rügen-Bock-Region in Mecklenburg-Vorpommern, die Diepholzer Moorniederung in Niedersachsen, der Linumer Bruch in Brandenburg und der Helmestausee bei Kelbra im Landkreis Mansfeld-Südharz. Axel Schonert: „Am Helmestausee rasten jedes Jahr 40.000 bis 50.000 Kraniche gleichzeitig. Insgesamt rastet fast jeder der eleganten Grauen hier, der durch Sachsen-Anhalt kommt, also fast 150.000. Das ist ein Natur-Hochgenuss und Augen- wie Ohrenschmaus, wenn tausende Kraniche abends in den weiten Flachwasserbereichen einfallen und sich bis in die Dunkelheit noch viel zu erzählen haben.“

Vor einigen Jahren sind die Kraniche fast ausschließlich nach Spanien und in die Extremadura gezogen. Aufgrund des Klimawandels ändert sich der Kranichzug jedoch kontinuierlich, sodass die Tiere immer später losfliegen und kürzere Strecken zurücklegen. „Die Winter kommen immer später und werden immer milder, sodass die Vögel gerne auf einen Teil des kräftezehrenden Fluges verzichten. Heute fliegen die meisten nur noch nach Zentralfrankreich, zunehmend bleiben manche Vögel ganz und gar in Deutschland. In der Diepholzer Moorniederung mit ihrem milden Küstenwinterklima überwintern jedes Jahr bereits 10.000 Kraniche. Mehrere hundert sind es auch in Sachsen-Anhalt, zum Beispiel am Helmestausee.“, so der Kranichexperte.

Quelle NABU Landesverband Sachsen-Anhalt